- aserbaidschanische Sprache und Literatur.
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Die aserbaidschanische Sprache (»Aseri«) gehört zur südwestlichen Gruppe der Turksprachen. Sie wird in Aserbaidschan von rd. 5,7 Mio., in Iran und Irak von mindestens 10 Mio. Menschen gesprochen. Auch einige östliche Dialekte der Türkei können dem Aserbaidschanischen zugerechnet werden. Die Schriftsprache unterscheidet sich im Sprachbau nur wenig vom Türkeitürkischen; im Wortschatz bestehen erhebliche Unterschiede durch stärkere persische und (in Aserbaidschan) russische Einflüsse. Als eigenständige Literatursprache begann sie sich im 11. Jahrhundert zu entwickeln. 1923 wurde in Aserbaidschan die Latinisierung beschlossen, wenig später durchgeführt, schließlich 1940 die kyrillische Schrift eingeführt. Der Übergang zu einem dem Türkischen entlehnten lateinischen Alphabet begann 1993; per Dekret wurde am 1. 8. 2001 die lateinische Schrift eingeführt. In Iran und Irak wird weiterhin die arabische Schrift verwendet.Die Literatur gehört in allen Entwicklungsstufen zu den bedeutendsten der Turkvölker. Einige Werke der Volksepik (z. B. das Dede Korkut) und den Klassiker Fuzuli (* 1498, ✝ 1556) hat sie mit der osmanischen Literatur gemeinsam. Als erster eindeutig aserbaidschanischer Dichter kann Nesimi (* 1369, ✝ 1404) gelten. Unter dem Namen »Chatai« war Schah Ismail (* 1485, ✝ 1524; literarisch tätig. Das 17. Jahrhundert ist die Blütezeit der Volksdichtung; daneben entwickelte sich die klassische Literatur weiter in der Tradition des Fuzuli und des Newai (* 1441, ✝ 1501). Als Begründer der neueren aserbaidschanischen Literatur gilt der Dichter Molla Pänah Wagif (* 1717, ✝ 1797). Mirzä Schäfi Wazeh (* 1794, ✝ 1852) wurde durch F. von Bodenstedt (»Lieder des «Mirza Schaffy) in Europa bekannt. Im 19. Jahrhundert begann die Entwicklung einer modernen Prosaliteratur. Die osmanisch und europäisch beeinflusste liberale, aufklärerische Literatur wirkte besonders mit Mirza Feth-Ali Achundzade (* 1812, ✝ 1878) ihrerseits wieder auf die Literaturen der Türkei und Irans ein. Ein bedeutender Poet war Säid Azim Schirwani (* 1835, ✝ 1888), als Satiriker ragte Mirzä Äläkbär Sabir (* 1862, ✝ 1911) hervor. - Nach der Revolution des Jahres 1905 fand eine bemerkenswerte Entwicklung der aserbaidschanischen Literatur statt. Während der Kreis um die Zeitschrift »Füyuzat« (»Reiche Gaben«) eine osmanisierende Tendenz vertrat, setzten sich Achundzade-Nachfolger wie Näriman Närimanow (* 1870, ✝ 1925) und Djälil Mämmädguluzadä (* 1866, ✝ 1932) für eine genuine aserbaidschanische Literatur ein; wichtig war dabei die vom Mämmädguluzadä herausgegebene satirische Zeitschrift »Molla Näsräddin« (1906-1930). - Im Rahmen der Sowjetliteratur sind Autoren wie der Lyriker und Dramatiker Sämäd Wurgun (* 1906, ✝ 1956), die Erzähler und Dramatiker Süleiman Sani Achundow (* 1875, ✝ 1939), Mämmäd Säid Ordubadi (* 1872, ✝ 1950) und Mechti Hüsein (* 1909, ✝ 1965), Romanschriftsteller wie Mir Djälal (* 1908) und Süleiman Rähimow (* 1900), Dramatiker wie Djäfär Djabbarly (* 1899, ✝ 1934) und Lyriker wie Süleiman Rüstäm (* 1906), Räsul Rza (* 1910) und Mämmäd Rahim (* 1907, ✝ 1977) zu sehen. Autoren der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind Anar (* 1938), M. Ibragimbekow (* 1935), T. Gusseinow (* 1929) und I. Efendijew. - In Iran hat sich eine moderne aserbaidschanische Literatur kaum entwickelt. Der bekannteste Dichter ist hier Mämmäd Hüsein (Dichtername »Schährijar«; * 1907 oder 1908).M. Arif: Literature of the Azerbaijan people (a. d. Russ., Baku 1958);H. W. Brands: Aserbaidschan. Chrestomathie (1977).
Universal-Lexikon. 2012.